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Bildanalyse zur Unterstützung der Carbonfaser Produktion

Bojan Jokanovic, SGL Carbon GmbH

Carbonfasern haben sehr hohe Zugfestigkeit und Steifigkeit in Kombination mit geringer Dichte und sind deswegen bevorzugtes Material in vielen Anwendungen. SGL Carbon ist der größte europäische Hersteller von Carbonfasern und beliefert verschiedene Industrien, wie z.B. die Automobil- oder die Windkraftindustrie. Die Carbonfasern werden aus Polyacrylnitril (PAN) Precursorfasern hergestellt. Im ersten Schritt werden die PAN Fasern bei Temperaturen 200-300 °C oxidiert. Im zweiten Schritt, bei ca. 1200-1400 °C werden die Fasern in inerter Umgebung carbonisiert. Die entstehende Carbonfaser zeichnet sich durch hohe Festigkeit und Steifigkeit aus. Die Beförderung der Fasern durch den Oxidationsofen und gleichzeitig ihre Streckung erfolgt über Walzen. Die flachen Taue ermöglichen einen homogenen Wärmetransport, sowie Diffusion von Sauerstoff in die Faser und Reaktionsprodukten aus den Fasern. Durch die Faserführung über die gesamte Prozesskette hinweg können verschiedene unerwünschte Effekte, z.B. Verdrehen, Überlappen usw. hervorgerufen werden. Um diese Effekte zu erfassen, zu analysieren und die Prozesse zu optimieren werden auf den verschiedenen Etagen Kameras installiert. Die Bilder werden mit diesen Kameras in regelmäßigen Intervallen aufgenommen und die Serie der Bilder wird mit dem bei SGL Carbon entwickelten kompilierten MATLAB Code „Tow Counter“ analysiert. In der Analyse ist wichtig die Verfolgung und Zuordnung der Taue, ihre translatorische Verschiebung über die Achse der Walze sowie ihre Breite zu bestimmen. Außerdem ist es wichtig die Defekte zu zeigen, wie z.B. Zusammenschlüsse zweier oder mehrere Taue, oder die Abspaltung von einem oder mehreren Tauen aus einem Tau. In dem Prozess der Stabilisierung ändern die Fasern ihre Farbe und werden von weiß über orange-rot, Gold bis zum braun-schwarz. Beim Anlauf passiert das auch auf den einzelnen Walzen über die Aufnahmezeit. Durch die graue Walze und nicht immer die besten Lichtverhältnisse sind die Kontraste in einigen Aufnahmen teilweise kaum vorhanden. Zur Verbesserung der Bildauflösung werden die Bilder aus kurzer Entfernung aufgenommen, was allerdings auch zu starker Verzerrung führt.

Die Kameraparameter werden über die Aufnahmen von Schachbrettfeldern aus verschiedenen Positionen ermittelt und in dem „Tow Counter“ Code zur Entzerrung der Bilder eingesetzt. Die Entfernung der Kamera von der Walze kann frei gewählt werden. Das entzerrte Bild wird zuerst angezeigt zusammen mit einigen Einstellung die der User noch vornehmen kann. Zu diesen Einstellungen gehören z.B. einige Hilfefunktionen zur Ermittlung der Signal-Basislinie, Schwellenwerteinstellungen, Signalbreiteauswahl, Signalglättungsparameter, Kontrastanpassung, sowie Einstellungen für die Tau-Zuordnung. Außerdem kann die Auswertung an den RGB oder Grauwerten erfolgen. Bei guten Lichtverhältnissen und klaren Kontrasten liefern aber schon die Defaultwerte sehr gute Ergebnisse. Durch eine „while“ Schleife können die Einstellungen soweit geändert werden, bis ein gutes Ergebnis erzielt wird und der Benutzer seine Freigabe für die weitere Analyse gibt. Die Zwischenergebnisse können jederzeit in eine Exceltabelle ausgeschrieben werden und auch die Endwerte nach der Auswertung werden automatisch ausgeschrieben. Neben jedem Wert steht auch ein Hyperlink in Excel, so dass die Bilder sofort durch klicken auf die Bildnummer angezeigt werden. In der Arbeit wurden MATLAB zusammen mit Computer Vision System Toolbox und Image Processing Toolbox genutzt. Der Code wurde mit MATLAB Compiler kompiliert. Die Einstellungen werden in einem „uicontrol“ Fenster ausgeführt, Ausschreibung der Zwischenergebnisse erfolgt über einen Push-Button. Zur Ermittlung der Kameraparameter über die Schachbrettfelder werden die Bilder nach ihren relativen Pixel-Fehlern ausgewählt.

Die Taubestimmung mit dem Code erreicht eine sehr gute Genauigkeit und kann in Zukunft mit einigen zusätzlichen Funktionen ausgestattet werden, wie z.B. Erkennung der Taudicke durch Einsatz von Stereokamera oder die Erkennung der Faserfarbenhomogenität, als Maß für die gleichmäßige thermische Behandlung. Die Erkenntnisse aus diesen Ergebnissen werden zur Prozesssteuerung und Prozessoptimierung genutzt.

Aufgezeichnet: 2 Jul 2019