Was versteht man unter In Silico Medicine?
In Silico Medicine befasst sich mit dem Einsatz von Computermodellen und -simulationen zur Entwicklung von Medizinprodukten und Behandlungsmöglichkeiten. Diese Simulationsmodelle sollen die Anatomie und Physiologie des menschlichen Körpers sowie dessen Interaktion mit Medizinprodukten nachbilden und so die Entwicklung, das Testen und die Validierung neuer Medizinprodukte und Behandlungen ermöglichen. Insgesamt ermöglicht In Silico Medicine den Herstellern von Medizinprodukten, den Entwicklungszyklus neuer Geräte und Behandlungen zu verkürzen, ohne die Qualität oder Sicherheit zu beeinträchtigen.
Die wichtigsten Punkte
- In Silico Medicine nutzt rechnergestützte Modelle und Simulationen, um die Anatomie und Physiologie des menschlichen Körpers nachzubilden.
- Virtuelle menschliche Modelle können für die Entwicklung, das Testen und die Validierung neuer Medizinprodukte und Behandlungsmethoden eingesetzt werden.
- Hersteller, die In Silico Medicine einsetzen, profitieren von einem beschleunigten F&E-Prozess und stellen gleichzeitig die Qualität und Sicherheit ihrer Produkte sicher.
Arten von In Silico Medicine-Modellen
In Silico Medicine-Modelle lassen sich grob in wissensbasierte, datengestützte und Surrogatmodelle einteilen:
- Wissensbasierte Modelle beruhen auf etablierten wissenschaftlichen Prinzipien, wie Physik und Biologie, und umfassen Methoden wie partielle Differentialgleichungen. Diese Modelle sind sehr gut interpretierbar, können jedoch komplex sein und erfassen unter Umständen unbekannte Verhaltensweisen nicht.
- Datengestützte Modelle stützen sich auf Machine-Learning- und statistische Verfahren, um Muster in großen Datensätzen zu erkennen. Sie sind sehr leistungsfähig für Vorhersagen und Mustererkennung, erfordern jedoch häufig umfangreiche Daten und können an Transparenz fehlen.
- Surrogatmodelle dienen als vereinfachte Annäherungen komplexerer Simulationen und ermöglichen schnellere Berechnungen für Aufgaben wie Optimierung und Sensitivitätsanalysen. Allerdings geht dies oft mit Einbußen bei der Genauigkeit einher und sie sind in der Regel nur innerhalb bestimmter Parameterbereiche gültig.
Workflow der rechnergestützten Modellierung und Simulation für In Silico Medicine.
Entwicklung von Anwendungen von In Silico Medicine mit MATLAB und Simulink
Mit MATLAB® und Simulink® können Sie In Silico Medicine in der Forschung und Entwicklung neuer Medizinprodukte und Behandlungen einsetzen. Für Medizinprodukte ermöglichen Simulink und Simscape™ die Erstellung virtueller Modelle menschlicher Organe wie Lunge, Niere und Herz sowie kardiovaskulärer und kardiopulmonaler Systeme. Sie können diese Modelle nutzen, um physiologische Closed-Loop-Regelungen in Medizinprodukten wie Beatmungsgeräten, Dialysemaschinen, Herzschrittmachern, Insulinpumpen, Infusionspumpen, Insufflatoren und Anästhesiegeräten zu entwickeln, zu testen und zu validieren. Ebenso ermöglicht MATLAB die Erstellung wissensbasierter Modelle sowie datengestützter KI- und Statistik-Modelle virtueller Menschen und Organe auf Grundlage empirischer Patientendaten. Letztlich hängt die Eignung jeder Methode vom jeweiligen Anwendungskontext ab.
In Silico Medicine-Modell eines physiologischen Closed-Loop-Regelungssystems (Beatmungsgerät mit Patientenmodell), simuliert in Simulink. (Siehe Modell.)
Herausforderungen und Grenzen von In Silico Medicine
In Silico Medicine bietet leistungsfähige Tools für die Entwicklung, das Testen und die Validierung von Medizinprodukten, steht jedoch auch vor einigen Herausforderungen und Grenzen. Ein zentrales Problem ist die Schwierigkeit, die Komplexität und Variabilität der menschlichen Physiologie genau abzubilden. Dies kann zu vereinfachten oder nicht verallgemeinerbaren Ergebnissen führen. Zudem können Modelle, die auf nicht repräsentativen Daten trainiert werden, bei unterschiedlichen Patientengruppen eine geringe Leistungsfähigkeit aufweisen. Daher erfordern In Silico Medicine-Modelle eine strenge Validierung anhand experimenteller oder klinischer Daten, die aufgrund mangelnder empirischer Daten häufig nur begrenzt oder uneinheitlich verfügbar sind. Zusätzlich können hoher Rechenaufwand und Integrationsherausforderungen mit bestehenden Workflows technische Hürden darstellen. Obwohl sich regulatorische Frameworks für In-Silico-Methoden noch entwickeln, gab es zuletzt Fortschritte bei Richtlinien zur Bewertung der Modellzuverlässigkeit durch die FDA.
Zukünftige Entwicklungen der In Silico Medicine
Die Zukunft von In Silico Medicine für Medizinprodukte ist geprägt von rasanter Innovation und einer zunehmenden Integration in das Gesundheitswesen. Zu den aufkommenden Trends gehören die personalisierte Medizin und klinische In-Silico-Studien, die darauf abzielen, die Abhängigkeit von klassischen Tests mithilfe virtueller Patientenmodelle zu verringern. Fortschritte in KI, Machine Learning und Multiskalenmodellierung verbessern die Genauigkeit und den Anwendungsbereich von Simulationen, während cloudbasierte Plattformen und digitale Zwillinge diese Tools zugänglicher und dynamischer machen. Regulierungsbehörden entwickeln sich ebenfalls weiter, um diese Technologien zu berücksichtigen, und ebnen damit den Weg für eine breitere Einführung. Es wird erwartet, dass diese Entwicklungen die Innovation von Medizinprodukten beschleunigen, die Kosten klinischer Studien senken, Sicherheit und Wirksamkeit verbessern und letztendlich zu einer effizienteren und personalisierteren Gesundheitsversorgung führen. Es gibt bereits mehrere Beispiele führender Hersteller von Medizinprodukten, die In-Silico-Methoden in MATLAB und Simulink erfolgreich nutzen, um ihre Medizinprodukte und Behandlungen der nächsten Generation zu entwickeln.
Erfolgsberichte von Kunden
Simulationsmodelle
FDA-Ressourcen
Beispiele und Anleitungen
Siehe auch: Medizinische Geräte